Bienen halten macht Spaß, Honig produzieren macht Arbeit, so oder so ähnlich äußert sich Dr.*in Pia Aumeier. Je länger ich imkere, desto besser verstehe ich, was sie meint. Im Folgenden stelle ich die einzelnen Etappen des Honiggewinnungsprozesses vor, bei dem die Imkerin idealerweise keinen oder möglichst wenig Bienenkontakt hat. Der ganze Prozess könnte so gesehen aus der Bienenhaltung im engeren Sinn herausgelöst werden. Doch wären einige Schritte in jedem Fall notwendig, sofern die Bienen nicht auf Ihrem eigenen Honig überwintern sollen und das regionale Lebensmittel interessierten Kunden zur Verfügung gestellt werden soll.
Honig ist sicherlich das erste, woran wir denken, wenn wir über Bienen reden. Dabei ist es nur ein Aspekt von sieben magischen Dingen aus dem Bienenstock.
Honigräume aufsetzen zur Kirschblüte
Zur Kirschblüte wird in meiner Betriebsweise (moderne Hohenheimer Betriebsweise) die dritte Zarge, also der Honigraum, aufgesetzt.
Getrennt wird der Honigraum von den zwei Bruträumen mithilfe eines „Absperrgitters“ (Bild rechts). Die Ladies passen mit Ihrem Körper durch, Drohnen und Königin müssen leider unten bleiben. Dadurch bleibt der Honigraum brutfrei und es gibt keine Protein-Einlage beim Honig. Die Nutzung des Absperrgitters steht jedoch der „naturnahen Bienenhaltung“, auch wesensgemäß genannt, entgegen.
Erste und zweite Honigernte: Frühtracht und Sommertracht
Zwischen April und Ende Mai tragen die Bienen die sogenannte Frühtracht ein.
Die Frühtracht umfasst unter anderem folgende Pflanzen:
Kornelkirsche (Cornus mas), Schlehen (bis Ende April) sowie früh blühende Garten- und Wiesenblumen. Hinzu kommen je nach Region Obstbäume, Löwenzahn und Raps.
(vgl. die Honigmacher).
Die Sommertracht wird zeitlich zwischen Juni und Ende Juli verortet. Trachtpflanzen sind:
Klee, Kastanie, Brombeere und Himbeere.
Sortenreine Trachten können sein: Linde, Phacelia und Sonnenblume.
Wandern mit den Ladies
Im östlichen „Pott“ ist neben der normalen Frühtracht relativ einfach ein Raps-Sortenhonig zu bekommen. Dafür ist das Anwandern der Felder notwendig.
Ich wandere dabei nur, wenn ich für die Völker zumindest eine Futterkranzuntersuchung vorliegen habe. Sie ist stadtintern nicht zwingend nötig, doch kenne ich dann den Gesundheitszustand meiner Bienen.
Werden Stadtgrenzen überschritten, muss die Futterkranzuzntersuchung beim Amtsveterinär des Standortes vorgelegt werden, um auf dieser Basis eine „Seuchenfreiheitsbescheinigung“ zu beantragen.
Die damit verbunden Kosten sind:
1. Probenziehung durch eine*n BSCler*in (Fahrtkosten unbd Aufwandspauschale, 15€+
2. Laboruntersuchung, hier Mayen, 24,-€ pro sechs Völker
3. Seuchenfreiheitsbescheinigung, ~30,-€
In jedem Fall sollte die Amtsveterinärin über den (temporär) anzuwanderndern Ort informiert werden.
Infos über Raps-Anbauorte werden gerne seitens der lokalen Bauernschaft weitergegeben. Hier ist eine gute und zielführende Kommunikation wichtig. Ich habe mit den Landwirten meiner Umgebung sehr gute Erfahrungen gemacht, sowohl in Bezug auf Aufstellorte (mit dem Beemobil anfahrbar) als auch über das Ausbringen von Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel. (nach Einstellung des Flugbetriebes)
Honig schleudern
Der Frühtrachthonig und insbesondere Rapshonig hat die Eigenschaft, sehr schnell sehr hart zu kristallisieren. Setzt der Kristallisationsprozess bereits in der Wabe ein, hat der Imker* kaum eine Möglichkeit, den gesammelten Honig aus der Wabe zu bekommen (und ich habe viel versucht). Ein Tipp von Michael Hirten lautete, die kristallisierten Waben als „Booster“ im Februar / März für die Volksentwicklung einzusetzen (mit einsetzendem Flugwetter). Mal sehen, ob die Honigwaben das überstehen.
Ansonsten unterscheiden sich erste und zweite (und ggf. dritte) Schleuderung nicht wesentlich voneinander.
Bienenflucht und „Abräumen“
In einem ersten Schritt wird geprüft, ob der Wassergehalt in den Honigwaben unter den geforderten 18% (D.I.B.) bzw. 20% liegt. Dies kann mithilfe der sogenannten „Spritzprobe“ oder genauer mit Hilfe eines Refraktometers erfolgen. Liegt der Wassergehalt darunter, wird der Schleudertermin geplant, was eine kleine logistische Meisterleistung ist.
vorbereitender Besuch am Bienenstand
24-48 Stunden vor dem Schleudertermin lege ich die Bienenflucht ein. Diese hilft mir, die Honigräume Bienenfrei zu bekommen, ohne dass ich jede Wabe ziehen und die Bienen abfegen oder „abschlagen“ muss.
Die Bienenflucht funktioniert aber nur bei unbebrüteten Waben. Es empfiehlt sich also, die Honigraumwaben jährlich neu bauen zu lassen. Die Kosten dafür liegen bei etwa 6kg Honig (für ein Kilo Wachs, was in etwa 10 Zanderwaben im Naturwabenbau entspricht). Mithilfe von Mittelwänden können die Wachs- bzw. Honigkosten reduziert werden.
Honigräume einsammeln
Nachdem die Bienenflucht eingelegt wurde, kommt der Imker min. 24 Stunden später zum dem Einsammeln der Honigräume. Idealerweise werden die Honigräume morgens nach einem oder zwei Regentagen eingesammelt. Dadurch hätten die Ladies nämlich die Möglichkeit, dem eingeholten Nektar noch Wasser zu entziehen. Weiter wurde kein frischer Nektar eingetragen und idealerweise herrscht noch kein Flugbetrieb.
Ich stelle mir immer einen verschlossenen Beutenboden (inkl. Deckel) für bienenfreie Zargen sowie eine Wabentransportbox (Bild rechts: Samla) bereit, sollte ich noch Restbienen von den Waben entfernen müssen.
Schleuderraum
Mit den eingesammelten Honigwaben geht es dann in den gereinigten und vorbereiteten Schleuderraum, der entsprechend der Lebensmittelproduktion grundgereingt wurde. Ebenfalls wurden alle Werkezeuge sowie Honigeimer gereinigt.
Nachdem die Zargen möglichst bienenfrei im Schleuderraum angekommen sind, gilt es Arbeitsstationen einzurichten. Ich versuche immer folgende Reihenfolge aufzubauen:
1. Honigzargenlager – volle Waben
2. Entdeckelungstisch (Bierzeltgarnitur)
links: verdeckelte Honigwaben, mitte: Entdecklungsgeschirr, rechts: entdeckelte Honigwaben mit Honig-Auffang-Unterlage.
3. Schleuder
4. Honigsiebstation
5. Honigzargenlager – leere Waben
Schleudern und Sieben des Honigs
Nach die händische Entdecklung abgeschlossen ist und das Deckelwachs gesammelt wurde, werden die Waben in die Schleuder eingelegt. Seit 2021 bin ich mit einem weiteren Imkerkollegen im Besitz einer Selbstwendeschleuder. Die macht das Schleudern sooooviel leichter und schneller, wenngleich es eine vierstellige Anschaffung war, so rentiert sich das relativ schnell, rechnet man die eingesparte Lebenszeit gegen.
Das Schleudern wird also bei mir nicht länger durch Muskelkraft durchgeführt, sondern mithilfe einer Maschine. Beim Ablassen des Honigs aus der Schleuder wird er das erste mal gesiebt und zwar durch ein Grob- und ein Feinsieb. Im letzten Schritt (Bild unten rechts) wird der Honig durch ein Spitzsieb gesiebt, um auch die letzten Rückstände aus dem Honig zu entfernen.
Ich für meinen Teil versuche immer, Volksgenau zu schleudern, um zum einen die Honig-Leistung des Bienenvolkes zu erfassen sowie auch die Unterschiede des eingetragenen Honigs feststellen zu können. Bereits an der Farbgebung wird ersichtlich, dass der Honig eines Standortes nicht identisch ist.
Daneben „zapfe“ ich direkt ein Glas Honig ab, um die Entwicklung des Honigs, also den Zeitpunkt der einsetzenden Kristallisation nicht zu verpassen (siehe auch unten: Hagen 1-3). Dann heißt es: rühren.
Nach dem Schleudern heißt es auch, die Waben wieder zu den Bienenvölkern zurückzubringen und für die nächste Tracht aufzusetzen. Die Ladies reparieren dabei kaputte Wabenstrukturen, schlecken den in den Waben verbliebenen Honig aus und setzen den Nektareintrag fort.
Honig im Eimer: Rühren – Abschäumen – Abfüllen
Nachdem der Honig im Eimer gelandet ist, sammelt sich an der Oberfläche Honigschaum durch aufsteigende Luftblasen sowie durch das spätere Rühren. Der Honigschaum ist eine Köstlichkeit sondergleichen, doch führt er auf dem Honig selbst zu Irritationen auf Seiten des Käufers. Daher heißt es rühren & abschäumen, bevor dann abgefüllt wird.
Nachdem die Kristallisation einsetzte und das mehrfache Rühren durchgeführt wurde und dann die gewünschte Konsistenz erreicht wurde, muss der Honig noch etwas ruhen, bevor dann abgeschäumt werden kann (Bild unten rechts).
Mithilfe einer „Impfung“ des Honigs (Bild unten links) kann der Kristallisationsprozess initiert werden.
Bleibt der Honig nach dem Rühren im Eimer, kristallisiert er irgendwann aus und wird im wahrsten Sinne betonhart. Dann muss der Imker den Honig vor dem Abfüllen erwärmen – ich mache dies mithilfe eines selbstgebauten Wärmeschrankes.
Nicht jeder Honig muss gerührt werden, Wabenhonig etwa belässt man, wie der Name schon sagt, in der Wabe. Für selbigen empfiehlt es sich, auf Naturwabenbau zu setzen, damit nichts Unnötiges etwa durch die Mittelwände, in den Wabenhonig kommt.
Wird der Honig nicht gerührt und beginnt auszukristallisieren, bilden sich große Kristalle, die einen deutlichen Crunch-Anteil im Honig ausmachen. Bei gerührten Honig ist die Auskristallisation durch das Brechen der Zuckerverbindungen viel zarter und feiner und geht mehr in Richtung prickeln auf der Zunge. Zudem ist er durch seine cremige Konsistenz streichbarer und läuft nicht zu schnell vom Brot / Brötchen
Etikettieren und in Umlauf bringen – Preisgestaltung
Nachdem der Honig im Glas ist, muss selbiger noch etikettiert und die Nachvollziehbarkeit sichergestellt sein. Dies kann einerseits durch laufenden Nummern oder durch taggenaue Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums erfolgen.
Für die Nutzung des DIB-Glases ist, wie oben bereits angedeutet, ein maximaler Wassergehalt von 18% zulässig. Nutzt man Neutral- bzw. Individualgläser, darf der Wassergehalt 20% nicht überschreiten.
Informationen über die DIB-Glas-Nutzung, die einen Honigkurs erforderlich macht, findet ihr hier beim D.I,B. Für die Gestaltung von Individualetiketten und den notwendigen Angaben findet Ihr Informationen hier bei Bienen und Natur oder hier bei Honeystickers.
Ist der Honig endlich im Glas, etikettiert und Ausgabefertig, muss der Honig noch in Umlauf gebracht werden, womit wir bei der Preisgestaltung des Honigpreises angekommen wären.
Habt Ihr bis hierhin durchgehalten, dann dürfte Euch klar sein, dass die Honiggewinnung nicht vergleichbar ist mit der Produktion von Marmelade oder anderem. Ebenfalls ist mit dem deutschen Arbeitsstundenlohn, insbesondere für Berufsimkereien ein Honigpreis von 7,-€ für 500g mehr als gerechtfertigt. Zu Beginn hatte ich Manschetten, einen gerechtfertigen Honigpreis aufzurufen, doch sind auch die zeitlichen und finanziellen Kosten immens. Möchte man ein regionales Produkt, dann sollte man es auch zu regionalen Preisen verkaufen, denn anders geht es einfach nicht.
Verrücktheiten mit Honig
Hat man Honig, kann man dem Honig für seinen privaten Bedarf verfeinern, etwa mit Rosmarine, Zimt, Kurkuma oder anderem mehr.
Honigschleudern & -abfüllen als Teambuilding-Maßnahme
Im Rahmen des Projektes „Summender Campus“, welches ich an der Fernuni in Hagen begleite, haben wir aus der Honigabfüllung eine Teambuilding-Maßnahme gemacht.
Berichte dazu findet Ihr hier:
– Bericht der Fernuni
– Bericht in der Westfalenpost
– Radio Hagen (Audio)
gefolgt von meinem Blogbericht.
Rechtliches rund um den Honig
Die rechtliche Basis unseres Handelns bildet die Honigverordnung (HonigV).